Kochen, für mich?
In einem Vortrag über Slow food und Kochen wurden wir gefragt, was uns zum Thema Fertigessen einfällt. Palatschinken aus der Flasche, Omelett aus dem Tetrapack waren noch die harmlosesten Wortmeldungen. Wer kauft den so etwas, schoß es mir ein. Solche Schmähs sind nicht nur teurer als ein paar Eier und etwas Milch, sie produzieren auch Tonnen an Industriemüll. Und doch stieg ihr Umsatz in den letzte Jahren um mehr wie 20%. Ich frage mich was ihr Erfolgsfaktor ist. Ok sie haben eine unschlagbare Eigenschaft: Sie sparen Zeit. Aha! Das heisst wir verbringen unsere Zeit nicht gerne in der Küche? Einer Studie folgend würden gerne über 70% der Befragten kochen, weniger als die Hälfte tut es tatsächlich. ein paar Mal die Woche. Jeder Zehnte gar nicht.
Kochen für sich allein?
Der Essensübeschuß der letzten Jahrzehnte mag ein Indiz dafür sein. Klar, Pendelei, Schichtarbeit u.ä. haben unsere Familienstrukturen aufgelöst. Singlehaushalte sind wieder stark im Kommen, während jeder Dritte nur sich an den Herd stellt. Die Leistungsgesellschaft verlangt beinhart immer mehr Ergebnisse ohne hinterfragen woher die Energien dafür kommen sollen. Die drei Hauptmahlzeiten sind längst einem Mosaik aus Neben- und Zwischenmahlzeiten gewichen. Man beobachte allein wieviele Menschen in der U-Bahn in der Strassenbahen oder auf der Strasse essen. Wer nimmt sich wirklich die Zeit das Essen zu geniessen oder gar echte Freude dabei zu entwickeln?
Oder wer kann sich noch an Gutes Essen erinnern und hat dabei dieses Erlebnis förmlich auf der Zunge. Kann sich jemand von Euch an das letzte aussergewöhnliche Geschmacksabenteuer erinnern. Wir scheinen bei einer „sinnlosen“ Nahrungsaufnahme angelangt zu sein. Die Speckröllchen sind ein messbares Ergebnis dieser Entwicklung. Während in den sechziger Jahren knapp ein Drittel unserer Bevölkerung übergewichtig war, ist es jetzt bereits schon die Hälfte.
Ich frage mich letztlich, wo all die Lust und Freude am Essen verschwunden ist und orte dabei einen Mangel sich selbst Gutes zu tun. Zugegeben. Es äussert sich nicht nur beim Essen, aber eben da auch. Anders formuliert: Es verbirgt auch darin eine Chance über lustvolles Kochen und Essen den Weg zu sich selbst neu zu entdecken. Jedes Mal, wenn ich in der Küche stehe, spüre ich die Freude aus Rohstoffen kreativ etwas Neues zu erschaffen
Kochen beginnt beim Essen!
Ich behaupte, dass wir Menschen grundsätzlich gerne essen. Sogar sehr gerne. Man kann es zelebrieren oder auch nicht. Für mich ist essen auf jeden Fall mehr wie nur Nahrungsaufnahme. Es ist eine Wahrnehmehmung mit allen Sinnen, es ist Hingabe, Liebe und Lebensfreude, es hat aber auch mit lokaler Herkunft und Tradition zu tun.
Bewusst Essen ist schon einmal ein guter Anfang. Geniessen mit allen Sinnen ein nächster Schritt. Dazu gehört aber auch die ganze Aufmerksamkeit dem Gekochtem zu schenken. Das bedeutet beim Essen auf Fernsehen, Zeitung lesen, Telefonieren,… zu verzichten und stattdessen die Wahrnehmung voll und ganz auf den Teller zu lenken. Bewusstes Essen lässt uns unsere Essgewohnheiten erkennen und schafft eine tiefe Verbindung zu einem selbst. Es heisst auch weg vom Essen auf Autopilot. Nicht essen was einfach da ist, nicht zu irgendwelchen Alternativen greifen, sondern das wählen, worauf man Lust hat. Weg von der Nahrungsaufnahme und hin zu lustvollem Essen. Auf den Körper hören was er braucht.
Wer lustvoll isst, ernährt sich gesünder, aktiv – im Gegensatz zu reaktiv, beispielsweise aus emotionalen Gründen. Viele Menschen essen um sich selbst zu belohnen, um sich und andere zu bestechen oder um Schmerz zu lindern. Beim Bewerten Essen steht die Frage des Warum? an erster Stelle, gleich gefolgt vom was esse ich?. Wissen Sie was in allem drinnen ist, was sie täglich zu sich nehmen? Essen kann so zu einer Droge werden, zu einem Zufluchtsort, denn Essen ist tatsächlich bewusstseinsverändernd. So oder so. und das haben wir selbst in der Hand!
Und jetzt wird gekocht!
Wer die Kontrolle über sein Essen übernehmen möchte, hat schon einmal einen sehr guten Grund zum Kochen zu beginnen. Bewusst essen ist letztlich ganz einfach. Es ist eine Art Geschenk an sich selbst, und das vielleicht sogar jeden Tag. Wow! Was für eine Challenge! Dabei werden Krankheiten im Keim erstickt, die Haut wird gereinigt und der Körper bekommt ganz neue Energien. Wer selbst kocht, ißt langsamer bewusster und verliert á la long auch Gewicht. Und noch viel mehr: es ist eine wunderschöne Möglichkeit seinen Körper und auch den Geist zu ehren.
Ich höre immer wieder von vielen Seiten – ich koche gerne für andere aber für mich selbst?? Das wären doch lauter gute Gründe nicht nur gute Freunde und Gäste mit einem feinen Essen zu ehren sondern vor allem sich selbst reich zu beschenken!Wenn damit nicht genug, hier noch ein paar gute Gründe:
Do it yourself schmeckt viel besser.
Wer selbst kocht, investiert nicht nur Geld in einzelne Zutaten, die er selbst in ihrer Qualität beurteilt. Er steckt auch Zeit und Kraft in die Zubereitung und das Gefühl etwas selbst zusammengebracht zu haben. Das Esserlebnis wird ganz anders, als bei einem Fertiggericht oder wenn man unterwegs schnell man etwas isst, um gegessen zu haben.
Selbst kochen macht satter
Wer selbst kocht wird für sich entdecken, dass die Dauer der Mahlzeit viel länger ist, das Auge isst natürlich auch mit ganz zu schweigen von der sozialen Komponente, wenn man dieses Erlebnis weiter erzählt. Das Sättigungsgefühl beginnt üblicherweise nach 20 Minuten. Wer sein Essen geniesst ist. In jedem Fall lässt man sich viel mehr Zeit eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen.
Die Gesundheit
Wenn man Fast Food hört, hat man Burger und Pommes vor Augen, aber auch alles vom Bäcker, die Leberkässemmel, der Salat in der Plastikbox aus dem Supermarkt gehört ebenso dazu, wie Fertigessen für die Mikrowelle. Es ist die Summe aller industriell zubereiteten Lebensmittel, die nahezu alle nicht nur Zucker in – nicht nur versteckter Form, enthalten, sondern auch schnellverbrennende Kohlenhydrate und all die „schlechten“ Fette. Jeden Tag Nudeln mit einer fertigen Sauce zu bereiten geht auch ein wenig am Sinn vorbei. In meinem nächsten Kurs zu diesem Thema zeig ich Euch wie man mit wenig Aufwand reichhaltiges Essen zaubern kann…
Wer warm isst, friert weniger
sagten schon die alten Chinesen, die Essen für wichtigen Ausgleich an Energien sahen. Tatsächlich kann ich sagen, dass nach meiner Umstellung teilweise nach TCM mein „Wärmehaushalt“ schön im Lot ist. Warmes Essen mindestens einmal, wenn geht zwei bis drei Mal am Tag regelt den Kreislauf auf schöne Weise, Kalte Hände und Füsse können so bald der Vergangenheit angehören. Der Körper muss nämlich die Nahrung nicht erst erwärmen, was ihm zusätzlich Energie kostet, die er sonst für das Heizen des Körpers verwenden würde. Der Verzicht auf kühlende Lebensmittel wie beispielsweise Milch und stattdessen die zugäbe von Wärmenden Gewürzen, wie Chili, Kurkuma, Zimt, uä. verstärken diesen Effekt. Wer selbst in der Küche steht, kann mit der Wahl der passenden Zutaten und Gewürzen für sein ganz persönlich ausgeglichenes Körpergefühl sorgen.
Erfahrung und Lust auf Neues
Mit der Zeit gewinnt man an Erfahrung, wird mutiger und beginnt auch ohne Rezepte zu kochen. Von da an wird’s richtig lustig! Wenn Improvisation und Neugierde sich die Hand geben und neue Köstlichkeiten entstehen. Da ist Freude schon längst mit an Bord, die eine gelassen macht öfters spontaner und bereitwilliger für sich selbst zu kochen.
Geld sparen
Der finanzielle Aspekt muss nicht vordergründig sein, spielt aber doch eine beträchtliche Rolle. Wenn man bedenkt was ein Stück Pizza, eine Nudelbox, ein Dönner oder einfach nur ein Sandwich beim Bäcker kostet, dann ist der Vergleich mit ein paar einfachen Lebensmitteln von hoher Qualität vernachlässigend gering. Ich koche meistens für ein zwei Tage, auch wenn ich allein bin, kaufe zumeist regional und saisonal und verbreitete es zumeist im Ofen oder im Topf langsam garend, sodass das Essen genug Energie bekommt. So verhindere ich einerseits einfrieren, andererseits bleibt mir die Spannung mir öfters das zuzubereiten, wozu ich gerade Lust bekomme.
Kochen ist Liebe hat meine Grossmutter immer gesagt. Ich habe immer geschmunzelt, wie ich das gehört habe. Heute weiss ich, wie sehr sie damit recht hatte. Liebe geht durch den Magen sagt man hierorts. Und wie wir wissen, fängt immer alles bei uns selbst an.
In diesem Sinne: Happy Kochen!